Black Knight – Südkoreanische Endzeitdystopie

von Joe Doe

Nein, die 2023 erschienene südkoreanische Serie „Black Knight“ hat nichts mit der Legende von dem antiken Satelliten zu tun, der die Erde umkreisen soll. Es handelt sich vielmehr um eine Dystopie, in der die letzten Menschen um ihr Überleben und ihre Freiheit kämpfen. Grund ist ein kataklysmischer Kometeneinschlag, welcher die Erde 40 Jahre zuvor in eine unfruchtbare Wüste verwandelt hat. Die Luft ist kaum noch atembar und die Versorgungsgüter reichen nicht einmal für die 1%, welche die Katastrophe überlebt haben.

Die ohnehin schon strenge Klassengesellschaft hat sich noch weiter verschärft. Die reiche Elite, bestehend aus Regierung und Konzernvorständen, lebt im Zentraldistrikt unter einer großen Kuppel, die einen blauen Himmel simuliert. Die Verwaltungsebene ist in den unterirdischen Anlagen des Sonderdistrikts untergebracht und die Arbeiterklasse wohnt in einheitlichen Distrikten hinter hohen Mauern. Außerhalb in den Ruinen der alten Welt leben schlussendlich noch die Flüchtlinge, die völlig entrechtet und ohne Zugang zu einer Grundversorgung sind.

Während einige versuchen, irgendwie über die Runden zu kommen, gibt es auch gewaltbereite Jäger, welche die Lastwagen der Kuriere überfallen. Die Kuriere sind ein hoch angesehener Berufsstand, da sie die Bevölkerung mit Sauerstoff und Lebensmitteln versorgen. Ihre Ausbildung ist hart, da sie gleichzeitig gute Kämpfer sein müssen. Ein Szenario, welches ein wenig an die „Mad Max“-Filme erinnert.

Die Serie nimmt aber noch andere Anleihen, darunter aus dem Buch der Offenbarung. So müssen die Kuriere bei der Auslieferung der Ware den QR-Code der Empfänger einscannen, welcher sich auf dem rechten Handrücken befindet. Wenn das mal keine Anspielung auf das Malzeichen des Tieres ist, ohne welches die Menschen nichts mehr kaufen oder verkaufen können. Weiterhin wird der QR-Code gebraucht, um zu bestimmten Einrichtungen Zugang zu erhalten.

Die Zahl 23 ist ebenfalls immer wieder präsent, was scheinbar die Durchschnittstemperatur in den gleichförmigen Wohneinheiten der regulären Distrikte ist.

Eine der wenigen Unterhaltungsmöglichkeiten neben dem Fernsehen sind brutale Computerspiele. In diesen ist das Unendlichkeitssymbol der liegenden 8 zu sehen.

Die Gesellschaft ist nicht nur streng hierarchisch und rau. In den Distrikten herrscht zudem ein strenger Polizeistaat mit Massenüberwachung.

Die wahre Macht geht jedoch vom Chunmyung-Konzern aus, der Sauerstoff aus Mineralien gewinnt und die Distrikte erbaut hat. Während der alte Chef Ryu Jae-jin voller Reue ist und versucht, die Lebensqualität zu verbessern, ist sein Sohn Ryu Seok ein absolut skrupelloser Geschäftsmann. Er weiß längst, dass die Erdatmosphäre sich erholt, unterdrückt diese Information jedoch, da das Geschäft mit künstlichem Sauerstoff und Atemmasken die Basis seiner Profite ist. Übrigens dürften die Masken die Dreharbeiten während der Corona-Pandemie erheblich erleichtert haben, aber das nur so am Rande.

Ryu Seok unterhält als CEO des Konzerns seine eigene private Geheimarmee, welche er unter anderem einsetzt, um Menschen zu entführen. Wenn es zu Widerstand kommt, sind außerdem extralegale Tötungen an der Tagesordnung. Die Leichen lässt man anschließend verschwinden. Als der Kurier 5-8 durch Zufall einen Tatort betritt und den Vorfall den Behörden meldet, finden die kurz darauf keine Spur der Tat. Ebenso sind alle Speicherkarten verschwunden und alle Überwachungskameras waren abgeschaltet.

Die Auftragskiller haben alle ein Tattoo im Nacken, das aus zwei ineinandergreifenden Pyramiden besteht.

Die Pyramide, welche hier neben ihrer okkulten Bedeutung außerdem die Klassengesellschaft symbolisiert, ist auch an anderer Stelle zu sehen.

Beim regulären Militär, welches loyal zur Regierung steht, findet sich indessen ein Pentagramm im Logo.

Zum militärischen Nachrichtendienst gehört auch Jung Seol-ah, die Schwester der ermordeten Seul-ah. Der Flüchtlingsjunge Sa-wol, den die beiden in ihrer Wohneinheit versteckt hatten, ist dagegen keineswegs so tot, wie es zunächst den Anschein hat. Als Kind von Oxyanium-Bergleuten unterliegt er einer Mutation, die seine Knochen metallisch werden lassen hat. Die für ihn bestimmte Kugel ist daher von seinem Schädelknochen abgeprallt. Der Chunmyung-Konzern ist sich dieser Mutation bewusst und lässt massenhaft Flüchtlingskinder entführen, um an ihnen herumzuexperimentieren.

Mit seinen eigenen Untergebenen geht Ryu Seok nicht minder grausam um. Über RFID-Implantate im Nacken kann er seine Mitarbeiter wahlweise durch Folter gefügig machen oder sie umbringen. Letzteres Schicksal wiederfährt einem Kurier, der sich geweigert hat, weiterhin als Türöffner für die Entführungen zu fungieren. Kurz, bevor sein Chip ihn tötet, kann er seinem Kollegen 5-8 noch verraten, was vor sich geht.

Sa-wol kommt zwischenzeitlich bei einem alten Mann unter, der sich noch um zwei weitere Jugendliche kümmert. Sein Traum ist es, Kurier zu werden, wobei er in 5-8 einen Mentor findet. Der war einst selbst Flüchtling und hat 9 Jahre zuvor ein Massaker überlebt. Für Flüchtlinge ist der Dienst als Kurier die einzige Aufstiegschance und alle, die wie 5-8 das Glück hatten, sind Teil einer heimlichen Rebellengruppe.

Jung Seol-ah bekommt ebenfalls Zweifel am System, denn sie findet heraus, dass der ermordete 5-7 bei jeder Entführung „Urlaub“ hatte. Sie hat den Verdacht, dass er ein Türöffner war und 5-8 bestätigt ihr dies. Außerdem weist er sie auf das Tattoo der Täter hin.

Der Chunmyung-Konzern veranstaltet unterdessen ein Turnier für Kurier-Bewerber. Die Auswahlrunden sind äußerst brutal und lebensgefährlich. In der ersten Runde müssen sich die Teilnehmer bei Sauerstoffmangel prügeln.

In der zweiten Runde wird dann schon scharf geschossen und es geht wieder „Max Max“-mäßig zur Sache. Sa-wol rettet einer anderen Teilnehmerin das Leben, wofür er fast disqualifiziert wird. Doch der Konzern  braucht ihn noch und lässt ihn bis zur Endrunde durchkommen. Er soll den Flüchtlingen Hoffnung geben. Falsche Hoffnung, versteht sich.

Ryu Seoks Vater sieht die Sache etwas anders und will den Menschen echte Hoffnung geben. Er plant, alle in neue Distrikte umzusiedeln. Dabei möchte er sogar die Flüchtlinge berücksichtigen. Sein Sohn verfolgt einen radikaleren Ansatz und veranstaltet ein Public Viewing der Finalrunde. Die Flüchtlinge werden mit dieser Veranstaltung sowie der Ausgabe von Gratis-Sauerstoff angelockt und während des großen Showdowns in die Luft gesprengt. Der Jubel über Sa-wols Sieg geht in den Explosionen unter.

Sa-wol bekommt davon erst einmal nicht viel mit und erhält als Kurier sein Mal auf die Hand. Man gibt ihm die frei gewordene Nummer des ermordeten 5-7.

Nachdem er sich an seinem ersten Arbeitstag blamiert hat, klärt 5-8 seinen neuen Kollegen über die Verbrechen an den Flüchtlingen auf. Die übrigen sollen gemäß dem Wunsch von Ryu Jae-jin weiterhin in die neuen Distrikte umgesiedelt werden. Sein Sohn entwickelt daher einen Plan, damit sie dort nie ankommen. Er lässt sie vorsorglich gegen Krankheiten impfen, wobei ihnen jedoch in Wahrheit ein tödlicher Giftcocktail injiziert wird. Der wirkt natürlich zeitverzögert, damit sich so viele wie möglich impfen lassen. In Zeiten von Corona ein völlig falsches Signal, welches Wasser auf die Mühlen der Impfgegner ist.

Außerdem lässt Ryu Seok die Luft in den Straßen der Distrikte vergiften, damit die Einwohner weiter seinen teuren Sauerstoff kaufen.

Das alles geschieht ohne das Wissen und Einverständnis des Konzerngründers Ryu Jae-jin. Dieser trägt sprichwörtlich eine weiße Weste, während sein Sohn in Schwarz gekleidet ist. Die umgedrehte Pyramide im Hintergrund und der angedeutete Saturn auf dem Tisch deuten allerdings schon an, wer von beiden die Oberhand hat.

Jung Seol-ah informiert den großen Chef über die Vergehen seines Sprösslings. Er konfrontiert seinen Sohn mit den Vorwürfen, doch als er ihn verhaften lassen will, erschießt Seok die beiden Wachen. Seinen Vater zu töten bringt er allerdings nicht fertig und händigt ihm gar die Waffe aus, um ihn als Rabenvater hinzustellen. Den tödlichen Schuss gibt schließlich ein Verteidigungsminister ab, der sich als Verräter entpuppt und den Konzernerben zu einem Putsch gegen die Präsidentin anstachelt.

Zunächst schiebt Ryu Seok aber erst einmal den rebellierenden Kurieren die Schuld an den Anschlägen in die Schuhe und erklärt sie zu Terroristen. Damit werden die Kuriere zum Handeln gezwungen und greifen den Zentraldistrikt an. Womit der Putschist ebenso wenig gerechnet hat, ist die Unterstützung, die sie von Major Jung Seol-ah und den ihr loyalen Truppenteilen erhalten. Die liefern ihnen nicht nur Deckung, sondern obendrein den Grundriss der Energieversorgung. Der Angriff erfolgt von oben durch die Kuppel des Zentraldistrikts, direkt durch den Mond, der hier ironischerweise wirklich ein Hologramm ist.

Der Putsch scheitert und Jung Seol-ah verhaftet den Verteidigungsminister. Ryu Seok akzeptiert die Niederlage nicht und überlastet den Energiekern des Zentraldistrikts. Wie Hitler will er sich mit einem Nero-Befehl verabschieden, doch erschossen wird er von 5-8. Zwar kann das Feuerwerk nicht mehr verhindert werden, doch alle können noch rechtzeitig evakuiert werden. Die Präsidentin eröffnet wenig später den neuen Distrikt A, in dem alle gleichberechtigt leben können. Das Klassensystem erklärt sie für abgeschafft.

Fazit: Trotz der Symbolik ist „Black Knight“ mit Abstand die bisher beste südkoreanische Serie. Die dortige Gesellschaft, die unter einer zunehmend auseinanderklaffenden Schere zwischen Arm und Reich leidet, scheint sich im Umbruch zu befinden. Klassenkampfrhetorik ist gerade voll in Mode. Dennoch hat die Serie auch einige fragwürdige Elemente.