von Anton Nymous
In den Medien gibt es drei Arten von Charakteren. Im Idealfall hat man es mit investigativen Journalisten zu tun, die nach bestem Wissen und Gewissen einen guten Job machen. Die große Masse berichtet dagegen nur, was von oben gewünscht ist und Quote bringt. Schlussendlich gibt es noch hochbezahlte Spitzenjournalisten, die wissentlich Desinformationen verbreiten. Letztere erkennt man mitunter an ihren Mitgliedschaften in Think Tanks wie der Atlantik-Brücke.
Bei den alternativen Medien sieht es ganz ähnlich aus. Manche decken echte Skandale und Verschwörungen auf, wie z.B. Wikileaks. Fassen sie dabei zu heiße Eisen an, ergeht es ihnen schnell wie Julian Assange. Dann gibt es jede Menge Trittbrettfahrer, die ungeprüft alles ins Netz stellen, Hauptsache sie generieren damit Klicks und Likes. Eine Differenzierung zwischen Fakten und Fiktion findet dabei nur selten statt. Schlussendlich gibt es dann noch autorisierte Helden, zu denen fast alle bekannten Namen der Verschwörungsszene zählen.
Was macht diese autorisierten Helden aus? Zunächst einmal greifen sie offenkundige Missstände auf, was sie augenscheinlich zu Helden der einfachen Leute macht. Wer würde denn nicht der Aussage zustimmen, dass mit der Welt etwas gewaltig schief läuft? Für die nötige Glaubwürdigkeit sorgen Leaks von entbehrlichen Informationen. Man kann den Menschen ja nicht ausschließlich Lügen auftischen, das fällt irgendwann zwangsläufig auf. Haben die Zuschauer den Köder dann erst einmal geschluckt, wird manipuliert, was das Zeug hält.
Autorisierte Helden sind genauso bezahlte Desinformanten wie ein Claus Kleber (ZDF) oder Matthias Döpfner (BILD). Nur fangen sie eben jene Zuschauer und Leser wieder ein, die das Vertrauen in die Massenmedien verloren haben. Kritisches Hinterfragen ist für die herrschenden Eliten gefährlich und deshalb braucht es Verschwörungstheoretiker, die falsche Fährten legen und die aufgewachten Menschen wieder einschläfern. Diese sollen auf dem niedrigsten Erkenntnislevel gehalten und der Lächerlichkeit preisgegeben werden. Kein Wunder also, dass der Verschwörungstheoretiker auch im Illuminati-Kartenspiel vorkommt.
Die Blaupause eines autorisierten Helden ist zweifelsohne der Texaner Alex Jones, der auf seinem Info Wars-Kanal den Hampelmann für die herrschende US-Elite gibt. Ähnlich wie Ken Jebsen begann er seine Karriere als Radiomoderator. Er war also Teil der Massenmedien und wurde 1999 sogar vom Austin Chronicle zum besten Radiomoderator der Stadt gewählt. Im selben Jahr wurde er jedoch aufgrund seiner tendenziösen Themenwahl vom Sender KJFK entlassen.
Im Frühjahr 2000 versuchte Jones dann, eine Politikerkarriere zu starten. Als Republikaner kandidierte er für das Repräsentantenhaus von Texas, zog seine Kandidatur jedoch zurück, als seine Umfragewerte ihm nur geringe Chancen in Aussicht stellten. Kurioserweise blieb er auch weiterhin Mitglied der Republikaner, als er sich offen gegen deren Präsidenten George W. Bush stellte.
Ähnlich wie bei Ken Jebsen begann seine darauffolgende Karriere als Infokrieger mit 9/11. Die kritischen Fragen der beiden zu den offenkundigen Ungereimtheiten waren dabei durchaus berechtigt. Nach dem Erfolg von „Loose Chance“ sprangen beide auf den Zug auf. Jebsen verlor u.a. deswegen seinen Job beim RBB, während Jones längst unabhängig war und mit „911 The Road to Tyranny“ (2002), „Martial Law 9-11“ (2005) und „The 9/11 Chronicles“ (2008) seine eigenen Dokus drehte. Dabei legte er sich sogar mit dem Filmemacher Michael Moore an, der ebenfalls kritische Fragen zu 9/11 stellte, allerdings nur zum vermeintlichen Behördenversagen und nicht in die Richtung, ob der ganze Anschlag vielleicht ein Inside Job war.
An die wirklich interessanten Details wagte sich jedoch auch Alex Jones nicht. Darunter die Bildmanipulationen und okkulten Hintergründe, welche von dem anonymen Urheber „The HardBitten Heretic“ in der ausführlichen Dokumentation „9/11 – Das Megaritual“ aufgedeckt worden sind. Ob Jones solche Details einfach nur übersehen hat oder schon zu diesem Zeitpunkt die „Loose Change“-Generation auf dem niedrigsten Level halten wollte, sei einmal dahingestellt.
Zumindest beschäftigte sich Jones aber durchaus mit elitären Netzwerken wie den Bilderbergern und belagerte deren Treffen, als diese noch Verschlussache waren. Erst Jahre später mussten die Massenmedien zugeben, dass die Bilderberg-Konferenzen keine bloße Verschwörungstheorie sind, wie anfangs behauptet wurde. Aber hat der Infokrieger damit wirklich den Leak des Jahrhunderts gelandet? Mitnichten!
Zum einen waren längst andere Journalisten wie der Spanier Daniel Estulin an der Sache dran. Als dessen Buch 2007 erschien, hatte Estulin schon 15 Jahre Recherche hinter sich. Es war also ohnehin nur eine Frage der Zeit, bis die Bilderberger auffliegen mussten. Seither hat diese elitäre Konferenz eine eigene Webseite, auf der die jährlichen Gästelisten und Tagesordnungen öffentlich eingesehen werden können. Trotz der Brisanz der besprochenen Themen versuchen die Massenmedien die Bilderberg-Konferenzen als harmlose Plauderstunden abzutun, obwohl dort ebenso knallharte Weltpolitik verhandelt wird, wie auf den G7-Treffen.
Auf der anderen Seite interpretieren Verschwörungsgurus wie Alex Jones zu viel in diese informellen Treffen hinein. Die Eliten sitzen dort nicht bei Kerzenschein auf einem Pentagramm und verspeisen kleine Kinder. Die Wahrheit ist viel banaler. Politiker werden dorthin eingeladen, um sie für die neoliberale Agenda der NATO-Staaten zu begeistern. Wohin die Reise geht, kann jeder im 1997 erschienen Buch „Die einzige Weltmacht: Amerikas Strategie der Vorherrschaft“ von Zbigniew Brzeziński (1928-2017) nachlesen. Alles daran ist zwar skandalös, aber nichts geheim.
Mit anderen Worten hat Alex Jones nur die Informationen ausgegraben, die bereits für jedermann gut sichtbar auf dem Tisch lagen. Nichts davon hätte für die Pläne der Herrschenden gefährlich werden können. Nach dem Bekanntwerden der Bilderberger hat sich, abgesehen von der Größe der Gegenproteste und ein paar kleinen Anfragen der Opposition, absolut nichts geändert!
Ein weitaus brisanterer Coup gelang Jones dagegen schon im Jahr 2000, als er in den kalifornischen Bohemian Grove eindrang und ein bizarres Ritual der anwesenden Eliten filmen konnte. Seither redet er ununterbrochen von einer satanistischen Weltverschwörung, der namhafte Politiker, Banker und Großindustrielle angehören sollen. Darunter Richard Nixon, Henry Kissinger, die Bushs, Arnold Schwarzenegger und Helmut Schmidt, die tatsächlich allesamt regelmäßige Gäste des Bohemian Clubs waren. Wer von denen inwieweit Satanist war bzw. ist, sollte jedoch an anderen Gesichtspunkten festgemacht werden.
Tatsächlich gibt es Satanisten und davon gleich zwei Kategorien. Auf der einen Seite wären da die Anhänger von Anton LaVeys Church of Satan. Diese machen aus ihrer Ideologie keinen Hehl und zelebrieren sie als Gegenkultur. Die meisten, die sich derart öffentlich positionieren, opfern jedoch keine Menschen und fressen auch keine kleinen Kinder. Andernfalls hätten sie ziemlich schnell die Polizei im Haus. Im Grunde handelt es sich um Atheisten mit viel Schminke im Gesicht, die gegen die Verlogenheit der christlichen Kirche rebellieren.
In der katholischen Kirche gibt es derweil weitaus mehr echte Satanisten. Also die Sorte, die wirklich Kinder missbrauchen und Menschen opfern. Sie folgen der Ideologie von Aleister Crowley und anderen Okkultisten, in deren Schriften ihre abartigen Gedanken und Rituale nachgelesen werden können. Weitere Belege für die Existenz dieser satanistischen Kreise sind eine zunehmende Anzahl an Aussagen von Missbrauchsopfern.
Steht Alex Jones also auf der Seite der Guten, wenn er diese Teufel an den Pranger stellt? Nicht unbedingt. Tatsächlich kratzt er nur an der Oberfläche der satanistischen Verschwörung, deren Tentakel in Politik. Kirche, Geheimdienste, Militär, Wirtschaft, Hochfinanz und Entertainmentindustrie reichen. Er bringt ausschließlich Beispiele, die jeder kennt, von Promis, die aus ihren Sympathien für Crowley keinen Hehl machen. Hinzu kommen Anschuldigungen gegen Politiker, die ihm nicht in den Kram passen. Die christliche Rechte scheint derweil gegen jeden Verdacht seinerseits erhaben zu sein.
Wirklich handfeste Beweise für die Verbrechen echter Satanisten hat Jones ebenso zu keinem Zeitpunkt geliefert. Seine Aufnahmen aus dem Bohemian Grove mögen zwar in der Hinsicht brisant sein, dass sie gesellschaftlich hoch angesehene Herren bei der Teilnahme an einem obskuren Ritual zeigen. Allerdings stellt dies nur deren geistige Zurechnungsfähigkeit infrage. Für eine Anklage reichen die Aufnahmen nicht einmal ansatzweise, denn zu sehen ist nur das Verbrennen einer Puppe beim Ritual „Begräbnis der Sorge“. Das mag verstörend sein, aber eben nicht strafbar.
Gewiss gehen im Bohemian Grove noch ganz andere Sachen ab. So sollen jedes Jahr während der Zeremonien in den kalifornischen Wäldern Kinder spurlos verschwinden. Beweise für rituellen Kindesmissbrauch dürfte man jedoch eher im Dark Web finden als auf Alex Jones geleakten Aufnahmen. Diese tragen eher dazu bei, okkulten Geheimbünden wie dem Bohemian Club oder Skull & Bones einen harmlosen, wenn auch bizarren Anstrich zu geben. Andernfalls wäre Jones wohl auch gar nicht mehr am Leben.
Das alles lässt den Verdacht aufkommen, dass die Verantwortlichen die Welt nur das haben sehen lassen, was die Welt sehen sollte: Ein paar alte, reiche Knacker, die sich einen Spaß daraus machen, Spielzeugpuppen vor einer großen Eulenstatue abzufackeln. Und Alex Jones war ihr Übermittler dieser Botschaft. Warum sonst hätte man ihm samt seinem Kameramann den Zutritt zum Grove gewähren sollen? Immerhin war der Radiomoderator kein Unbekannter und die Kamera mitnichten versteckt. Zudem kommt niemand ohne Einladung zum Ritual. Die ganze Sache wirkt von vorne bis hinten inszeniert.
Schauen wir also mal näher hin, wessen Agenda Alex Jones tatsächlich bedient. Zunächst einmal schießt er gegen alles, was links ist, obwohl gerade die politische Linke die reiche Elite entmachten und einen höheren Lebensstandard für die breite Masse erreichen will. Stattdessen verteidigt Jones den Kapitalismus und unterstellt jedem, der auch nur minimal vom neoliberalen Weg abweicht, Kommunist zu sein. Dieser radikale Antikommunismus dürfte den Bushs, Rockefellers und Rothschilds die Freudentränen in die Augen treiben.
Die kapitalistische Elite kann sogar drüber hinwegsehen, dass Jones der Hochfinanz kommunistische Umtriebe unterstellt. Dadurch werden seine verschwörungsgläubigen Follower nur umso lächerlicher. Mit der Nummer hätte Jones besser Comedian werden sollen und tatsächlich gibt es eine Verschwörungstheorie über den Verschwörungstheoretiker, der zufolge er in Wirklichkeit der 1994 verstorbene Komiker Bill Hicks sein soll. Einmal davon abgesehen, dass Hicks 1961 in Valdosta (Georgia) geboren wurde und Jones 1974 in Dallas (Texas), sehen die beiden sich tatsächlich entfernt ähnlich.
Die teils kruden Ausfälle des Radiomoderators scheinen aber weniger Satire zu sein, als vielmehr Anzeichen einer fortgeschrittenen Geisteskrankheit. Einige seiner Behauptungen sind dabei mitnichten witzig, sondern einfach nur noch wahnhaft. So behauptet Jones, Homosexuelle seien von Dämonen besessen. Menschen, die sich lieben, werden zu Feinden erklärt, nur weil sie anders lieben. Auch dieses Schüren von Hass und Vorurteilen nutzt am Ende eher der Agenda der Satanisten. Nicht zu vergessen der Agenda christlicher Fundamentalisten und Rechtsextremisten.
Für letztere hetzt der Hassprediger zudem noch gegen illegale Einwanderer und Minderheiten. Er ist also nicht nur homophob, sondern obendrein ein Rassist. Nach dem rechtsextremen Mordanschlag 2017 in Charlottesville verbreitete Jones weiterhin Verschwörungstheorien, denen zufolge die Gewalt einzig von den Antifaschisten ausgegangen sei. Obendrein behauptete er, die gewalttätigen Demonstranten des Ku-Klux-Klans seien verkleidete Juden gewesen, womit er sich zusätzlich als Antisemit outete.
Um das Bild eines weißen, konservativen Südstaatlers abzurunden, ist der Redneck schlussendlich auch ein Waffennarr, der das willkürliche Über-den-Haufen-schießen von Menschen als uramerikanisches Grundrecht versteht. Verbrechen wie den Amoklauf an der Sandy Hook Grundschule von 2012 deutet er dabei zu inszenierten Fakes um. Für die ermordeten Kinder brachte er damals ebenso wenig Mitgefühl auf wie für die trauernden Eltern, die er als Schauspieler deklarierte. Er lässt halt keine Gelegenheit aus, um der Welt zu beweisen, was für ein empathieloses Arschloch er ist.
Es sollte angesichts alldessen nicht überraschen, dass Alex Jones einer der eifrigsten Wahlkampfunterstützer von Donald Trump war. Der 45. US-Präsident ließ es sich dabei nicht einmal nehmen, in der Info Wars Show aufzutreten. Jones belohnte Trump dafür mit ewiger Regimetreue, welche auch nach Bidens Wahlsieg weiter anhält. Selbstverständlich erkennt er Bidens Präsidentschaft nicht an, denn mit seinem Demokratieverständnis verhält es sich ähnlich wie mit seinem Anstand.
Dies gipfelte zuletzt darin, dass Alex Jones bei der Erstürmung des Kapitols am 6. Januar 2021 anwesend war. Nicht weiter verwunderlich, sind seine Ansichten doch nahezu deckungsgleich mit den Behauptungen von QAnon. Noch ein angeblicher Aufklärer für das Gute, der einen neoliberalen Egomanen als Messias feiert und dabei kein Wort über dessen Verbindungen zu Jeffrey Epstein verliert. Spätestens an dieser Stelle sollte klar sein, dass der Parteigenosse Trumps ein bezahlter Desinformant ist!
Obendrein verbreitet er jede Menge Angst und Panik. Angst ist nicht umsonst der Pfad zur dunklen Seite, schaltet sie doch das logische Denkvermögen aus und macht die tumben Massen damit leicht beeinflussbar. Leider fallen Jones‘ Anhänger immer wieder auf dessen Prophezeiungen herein, obwohl sich bisher so gut wie alle als nicht zutreffend herausgestellt haben.
Quelle mit den beknacktes Vorhersagen
Jones hätte genauso gut den Weltuntergang für jedes Jahr aufs Neue voraussagen können. Ihm überhaupt noch zuzuhören, setzt schon blinden religiösen Eifer voraus und den bedient er genauso exzellent wie das Schüren von Paranoia. Wohin das führen kann, sieht man ebenso bei Trump und QAnon. Im schlimmsten Fall kann das in einem blutigen Bürgerkrieg enden und wer dürfte an einem solchen Opferritual wohl den größten Gefallen haben?
Alex Jones, dessen Info Wars-Sendungen übrigens über den ABC-Satelliten ausgestrahlt wurden, ist genauso eine Medienhure der herrschenden Elite wie Fox News. Und damit dient er nicht nur deren Agenda, sondern verdient sich obendrein noch dumm und dämlich. Sein Erfolgskonzept wurde sogar schon von Serien wie „Akte X“ und „Travellers“ aufgegriffen. Aus letzterer gibt es ein sehr treffendes Zitat des Jones-Verschnitts Rockwell (Victor Sabatini) aus Staffel 3, Episode 2:
„`Ne gute Geschichte ist `ne gute Geschichte. (…) Hey, wissen Sie was, letzten Endes ist es mir scheißegal, ob etwas wahr oder unwahr ist. Viel wichtiger ist, ob ich die Leute überzeugen kann, es zu glauben. Ich bin ja kein Journalist, sondern Geschäftsmann. Hier geht es um viel Geld. Ich nutze meinen Bekanntheitsgrad, um Sachen zu verkaufen und je mehr ich die Menschen von etwas überzeugen kann, das schwer zu glauben ist, und von dem nur ich weiß, ob es stimmt, dann verkaufe ich ihnen alles.“