von Joe Doe
In dem chinesisch-amerikanischen Martial-Arts-Film wird der Tai-Chi-Schüler Tiger Chen (Tiger Hu Chen) von einem rätselhaften, reichen Amerikaner namens Donaka Mark (Keanu Reeves) angeworben, um gegen Geld zu kämpfen. Zunächst ist er skeptisch, für ein unsichtbares Publikum vor Kameras gegen unbekannte Gegner anzutreten. Er lehnt es anfangs sogar ab, für Geld zu kämpfen. Aber als dem baufälligen Tempel seines Meisters Yang (Hai Yu) der Abriss durch die Behörden droht, willigt er schließlich ein, um mit dem Verdienst den Tempel zu sanieren.
Die Yin-Yang-Symbolik im Schrein kann übrigens als kulturelle Gegebenheit gesehen werden. Dennoch geht es hier um Dualität, denn das Chi von Tiger Chen ist schon zu Beginn unausgeglichen und er droht, auf die dunkle Seite abzugleiten.
Im Moment seiner Einwilligung ist neben einem weiteren Yin-Yang auch ein Schachbrettmuster hinter Donaka Mark zu sehen. Symbol dafür, dass Chen gerade eine Grenze überschreitet.
Die Kämpfe beginnen recht einfach, werden jedoch zunehmend härter und bald hat Tiger Chen Blut geleckt. Beim zweiten Mal darf er schon rot tragen, während sein unterlegener Gegner blau trägt. Die rot-schwarze Kombination kann zudem in sich als okkulte Symbolik gelesen werden und zeigt an, wessen Pfad Tiger nunmehr folgt.
Noch scheint alles ein guter Deal für ihn zu sein, denn die Sanierung des Tempels ist nach kurzer Zeit abgeschlossen. Chen kann sogar seinen Eltern ein paar luxuriöse Geschenke gönnen. Doch irgendetwas scheint trotzdem faul zu sein. Hätte Tiger Chen etwas genauer hingesehen, wäre ihm wohl schon auf dem Einladungsschreiben das Pyramidenlogo von Donakas Tarnfirma aufgefallen.
Oder die 666 im Kennzeichen des Autos, mit dem er zu den Kämpfen abgeholt wird.
Chen ahnt trotz dieser Hinweise nicht, dass er aus zweierlei Gründen ausgewählt wurde. Zum einen hält Donaka ihn für unschuldig, als er ihn zum ersten Mal bei einer Meisterschaft im Fernsehen sieht. Der Amerikaner will ihn gezielt verderben, womit er sprichwörtlich die Rolle des Teufels einnimmt, der die Menschen verführt. Zum anderen hat er Chens Vorgänger kurzerhand die Kehle durchgeschnitten, als dieser Kontakt zur Polizei aufgenommen hat und sich weigerte, einen Gegner zu töten.
Donaka Mark treibt Chen ebenfalls zu immer brutaleren Kämpfen, aber erste Zweifel kommen dem Jungen erst auf, als er einen Gegner durch den Beobachtungsspiegel wirft. Dahinter entdeckt er einen Raum, von dem aus die Kämpfe in die ganze Welt übertragen werden. Natürlich muss es hier ein zerbrochener Spiegel sein, der eine verborgene Welt im Hintergrund offenbart.
Donaka trägt in dieser Szene komplett schwarze Kleidung, womit er sich ebenfalls offenbart. Zumindest wenn man die Farbsymbolik zu deuten weiß. Er ist der Teufel oder zumindest handelt er in dessen Auftrag.
Chen trägt indessen blau, was seinen waren Status in der Hierarchie verdeutlicht. Unter den Kämpfern ist er der Meister, doch für Mark ist er nur ein Werkzeug.
Dieses gedenkt Donaka von nun an bei größeren Anlässen einzusetzen. Für den nächsten Fight bringt er Tiger auf ein luxuriöses Anwesen, welches mit roten Drachen geschmückt ist.
Diesmal soll er gleich gegen zwei Gegner antreten, welche in die satanischen Farben Rot und Schwarz gekleidet sind und feurige Drachen auf der Brust tragen. Ein Mitarbeiter meint, dass diese ihn töten könnten, doch diesmal geht Tiger noch als Sieger aus dem Kampf hervor.
Tiger besiegt seine Gegner inzwischen nur noch mit roher Gewalt, was sich letztendlich auf sein Verhalten bei regulären Wettbewerben auswirkt, von denen er schließlich disqualifiziert wird. Übrigens sind es die 23. Wu Lin Yang Meisterschaften. So viel zum Thema Zahlenmystik.
Seinen neuen Meister freut es offenkundig, dass sein neuer Schüler den Pfad der Finsternis eingeschlagen hat.
Während Donaka ganz in Schwarz gekleidet ist, trägt sein einstiger Meister Yang unschuldiges Weiß. Ein Kontrast, der hier definitiv beabsichtigt ist und einmal mehr die Yin-Yang-Symbolik bedient.
Als Chen sich gegen Yang auflehnt, hat dies schon etwas vom Kampf Obi-Wan Wan Kenobi gegen Darth Vader. Und das sowohl farblich als auch inhaltlich. Yang besiegt seinen einstigen Schüler sogar mit einem Machtstoß. Der Meister warnt ihn zum Abschied, dass es sein Untergang sein werde, wenn er sich für den Pfad des Tai Chi ohne Meditation entscheidet.
Die Polizeiermittlerin Sun Jing (Karen Mok) ermittelt unterdessen gegen die illegalen Fights. Ein Kollege soll prüfen, ob Übertragungssignale von Marks Firma ausgestrahlt werden, was dieser mit einer 666-Geste quittiert. Eigentlich unpassend, da er ja dabei hilft, dem Teufel das Handwerk zu legen.
Sie konfrontiert Tiger Chen mit der Wahrheit, der sich zunächst unwissend stellt. Dann weist sie ihn jedoch darauf hin, dass sein Vorgänger ermordet wurde und es nicht ums Kämpfen, sondern ums Töten geht. Erst da beginnt er zu realisieren, in was er da hineingeraten ist. Zu allem Übel wird auch noch sein Denkmalschutzantrag für den sanierten Tempel abgelehnt, da er beim Wettkampf in aller Öffentlichkeit gegen die Regeln verstoßen hat, für welche der Tempel steht. Ein Bestechungsversuch hilft ihm bei der Verantwortlichen in der Behörde nicht weiter.
Tiger nimmt dennoch einen neuen Kampf an. Diesmal lässt Donaka ihn gegen einen Söldner namens Juri Romanov antreten, der aufs Töten spezialisiert ist. Der Kampf findet ganz passend in einer hexagonförmigen Arena statt.
Chen kann den Söldner zwar besiegen, doch als er sich weigert, ihn zu töten, kommt der maskierte Donaka in den Ring und bricht dem Russen das Genick. Das Onlinepublikum hat für ein Snuff-Video bezahlt, also soll es auch eins bekommen.
Der Versuch, seinem Boss klar zu machen, dass er nicht zum Töten hier sei, entlockt diesem nur ein müdes Lächeln. Mark macht Tiger klar, dass das nicht irgendein Kurierjob sei, den man so einfach kündigen könne. Er erwartet ihn in drei Tagen zum nächsten Fight.
Als Ermittlerin Sun Jing am Ort der Signalübertragung eintrifft, ist die Halle längst geräumt. Doch am nächsten Tag erhält sie einen Anruf von Chen, der die illegalen Kämpfe auffliegen lassen will. Beim Anruf steht er auf einem Schachbrettboden, was abermals eine Grenzüberschreitung markiert.
Was der Aussteiger nicht weiß: Seine Wohnung wird von seinem Boss überwacht. Der lässt ihn diesmal von vom Polizisten Wong abholen, was kein gutes Zeichen ist. Gleiches gilt für die Zahlensymbolik.
Mit der 666 geht es allerdings nur bis zum Flughafen. Dort kommt er zwischen den Terminals 5 (Pentagramm) und 6 (Hexagramm) an.
Weiter geht es in einem teuflisch roten Wagen.
Da Donaka über den geplanten Verrat in Kenntnis ist, lässt er Wong das Handy von Tiger entsorgen und das Auto der Ermittlerin rammen. Die überlebt jedoch den Unfall und kann den Killer erschießen. Über dessen Handy schickt sie eine SMS an Mark, die ihm vorgaukelt, dass der Job erledigt sei.
Bevor der finale Fight losgeht, lässt der Boss einen Videozusammenschnitt über Chens Leben ausstrahlen, der nicht nur Szenen der aufgezeichneten Kämpfe enthält, sondern auch Bilder aus seinem Privatleben. Da dämmert ihm, dass er die ganze Zeit überwacht wurde – auf der Straße, im Tempel und sogar in seinem Zuhause. Dem Publikum ging es gar nicht primär um die Kämpfe, sondern um den Verlust seiner Unschuld, seine Entwicklung zum Killer. Tiger weiß gar nicht, was ihn mehr schockiert: Die gezeigten Aufnahmen, der Titel „Reise in die Finsternis“ oder die Ankündigung, dass er an diesem Abend einen Mord begehen soll?
Tiger Chen verweigert jedoch den Kampf und wehrt lediglich die Schläge seines Kontrahenten ab. Er fordert Donaka zum Kampf heraus, der sich tatsächlich kurz auf der Bühne blicken lässt. Als dieser demaskiert wird, ergreift er feige die Flucht. Gerade noch rechtzeitig, bevor die Polizei eintrifft und die Snuff-Party beendet.
Am nächsten Tag lauert Mark dem Aussteiger im Tempel auf und fordert dessen Leben ein. Es kommt zum finalen Kampf, bei dem sich beide als gleich stark erweisen. Schließlich greift Donaka unfairer Weise zu einem Messer und verwundet sein Opfer. Doch Tiger kann sich immer noch wehren und kontert mit einem Machtschlag.
Donaka Mark stirbt mit den Worten, dass er gewusst hätte, dass Tiger es in sich habe. Der hat allerdings nur aus Notwehr gehandelt und so markiert eine Yin-Yang-Überblende seine Rückkehr von der dunklen auf die helle Seite.
Fazit: In „Man of Tai Chi“ geht es einerseits um den Teufel, der unschuldige Seelen zur Sünde verführt, andererseits aber auch um elitäre Satanistenkreise, die für zahlendes Publikum Snuff-Filme produzieren. Das Ganze ist in Martial-Arts verpackt, doch dank der expliziten Symbole kann die Action nicht über den okkulten Kern hinwegtäuschen.